Montag, 22. Februar 2016

Happy Birthday



07.02.16



 

...und dann sagt sie es. Sie tut es tatsächlich.

„Ist schon klar, warum dich deine Frau verlassen hat.“

Vor María. Vor ihrem Enkelkind. Aber Familie zählt ja in Deutschland nicht.

Er sagt geschockt irgendwas, irgendeinen Scheiß, irgendwas wie „Du hörst jetzt besser auf zu reden.“

Aber sie hört nicht auf. Das wär ja noch schöner.

„Ich kann schon verstehen, warum dich deine Frau verlassen hat.“

Mit einem Lächeln. Mit ihrer Schlabberfresse. Wenn ich jetzt eine Waffe hätte…

Vor María.

Er hatte wirklich gedacht, dass sich etwas geändert hätte. Boah, bin ich blöd.

¡Imbécil!

¡Imbécil!

Du hast es wirklich nicht anders verdient.

Er hatte echt gedacht, etwas ändert sich. Aber der Frau ist alles egal.

Das ist genau das, was er gedacht hatte: „You can’t teach an old dog new tricks“, sagt er auf Englisch. Extra. Das kann sie nämlich nicht. Und weil ihm das deutsche Sprichwort nicht einfällt. Das ist genau das, was er gedacht hatte.

„So viel ist deine Entschuldigung also wert…“

Einen Dreck. Einen abgefickten Dreck. Mehr nicht. Nichts. Luft. Scheiße. Ach, leck mich doch!

„Ok, dann siehst du mich eben die nächsten zehn Jahre nicht“, sage ich, während ich mich vom Sofa erhebe.

Hoffentlich brennt diese ganze Scheiße nieder, diese ganzen Möbel, die mehr wert sind als ein Sohn. Dieser ganze tote Scheiß ist mehr wert als du. Deutschland eben. Klar, dass sich Nadine von mir getrennt hat…

„Pöh“, sagt sie ungerührt, macht diese abfällige Handbewegung über die Schulter. Boah, wie ich das hasse, denkt er. Wie ich sie hasse. Diese Leute, die immer cool bleiben, die immer ruhig bleiben. Was muss eigentlich passieren, damit sich bei der noch was rührt.

Dann fällt es ihm ein.

Klar!

Der Tod!

Aber danach rührt sich dann wirklich für immer nichts mehr!

„Dann pisse ich auf dein Grab!“

Soll er noch sagen „Dann kacke ich auf dein Grab“? Ne, das ist dann doch zu viel des Guten.

Sie macht eine abfällige Handbewegung, so wie immer, so als wär ihr das sowas von scheißegal. Ist es wahrscheinlich auch – dann.

Das bringt ihn so auf die Palme, diese Gleichgültigkeit, diese Abgebrühtheit, diese Kaltschnäuzigkeit. Also legt er nach (keine gute Idee, aber leider unvermeidbar): „Dann pisse ich in die Urne. Mir doch egal.“

„Kein Wunder, dass deine Frau dich verlassen hat.“

„Mir ist das auch scheißegal. Ich bin nicht mehr der verzweifelte Ehemann von vor ein paar Monaten, den du rumschubsen kannst. Dass dir das klar ist!“

Er steht auf. Dann geh ich eben. Ich muss mir diesen Scheiß nicht antun, an meinem Geburtstag. Ich muss mir diesen Scheiß nicht geben, an meinem Geburtstag. Von meinen Eltern. Eltern? Was sind schon Eltern?! Ein Dreck. In Deutschland ist alles einen Dreck wert.

„Klar, dass wir überrannt werden, von den Arabern. Wenn wir keine Werte mehr haben…“

Wenn die Familie nichts zählt. Was für eine abgefickte Generation, diese 68er. Was für eine tote, unnütze Generation. Ich hasse sie.

Er steht auf und geht zur Tür. María folgt ihm. Ich muss mir das nicht gefallen lassen. An meinem Geburtstag mir so einen Scheiß sagen zu lassen.

Mittlerweile hat er sich seine Schuhe wieder angezogen und ist in der Küche. Er kocht vor Wut.