Donnerstag, 8. September 2016

Schwänze, Knöpfe und Bäuche










Herr Müller befindet sich auf dem Weg zur Arbeit. Er sitzt in der U-Bahn, als sich plötzlich ein dicker Mann schräg gegenüber von ihm hinsetzt. Der Mann ist so dick, dass sich bei ihm nicht nur der Bauch wölbt, sondern auch der Unterleib. Das heißt, der obere Teil der Hose, da wo der Unterleib sitzt, dieser Teil über dem Gehänge, oberhalb des Hosenstalls, Sie wissen schon. Die sieht so gewölbt, so aufgebläht aus, die Hose, dass Herr Müller denkt: Wer weiß, was der für einen Schwanz hat. Nicht, dass der einen richtig dicken Schwanz hat. Ich meine, einen dicken auf jeden Fall, aber hat er auch einen großen? Einen langen?

Diese Obsession was dicke, große und lange Schwänze angeht, hat Herr Müller von seinem Schwager, der (wahrscheinlich) einen ebensolchen Schwanz hat. Zumindest hat er das immer zum Besten gegeben, damals.

Er schaut sich den mittlerweile sitzenden Mann näher an. Er trägt ein weißes Hemd mit dünnen rosa Streifen, hat eine Glatze. Sieht eigentlich ganz gepflegt aus. Seine Hose ist aus diesem beigefarbenen Cordmaterial, das in gewissen Kreisen sehr beliebt ist. Sie wissen schon. An den Füßen trägt er Sandalen mit Socken, Weiß oder beige.

Auf einmal wandert sein Blick wieder nach oben, in dem Schoß des Mannes. Im Sitzen sieht man die Wölbung nicht mehr so stark. Dafür aber den untersten Hemdsknopf, der auf ist.

Der ist auf! Scheiße! Da ist sogar der weiße, unbehaarte Bauch zu sehen! Scheiße!

Herr Müllers Hand gleitet unauffällig an seinem eigenen, ebenfalls rosafarbenen Hemd herab. Nein, sein Knopf ist nicht auf, aber fast. Zum Glück. Ihm passiert das nämlich auch immer. Obwohl er nicht so dick ist wie der Typ; der jetzt bemerkt hat, dass sein Hemdsknopf auf ist und ihn so unauffällig wie möglich schließt.


In der Unterführung in die Innenstadt denkt Herr Müller über den Mann in der Bahn nach, Dabei bemerkt er nicht, oder erst zu spät, dass sein eigener Knopf (da wo sein Bauch am dicksten ist, nun doch aufgegangen ist, obwohl er ihn in der Bahn noch sicher verschlossen hatte. Scheiße! Und er selber ist nicht so unbehaart am Bauch wie der Mann aus der U-Bahn. Scheiße! Unauffällig oder zumindest so unauffällig wie möglich versucht er ihn schnell wieder zu schließen, was ihm auch gelingt.

Wie peinlich! denkt er.



Kleine Sünden…



Und in der Bahn geht der Knopf gleich noch mal auf (wieder unbemerkt, wie soll es auch anders sein?!).



Kleine Sünden bestraft Gott gleich doppelt…